Wo waren die Berliner Wanderer?

Betrachtungen zur Fontanewanderug 2018

Für die 40. Wanderung „Auf den Spuren von Theodor Fontane“, die am 5. Mai 2018 stattfand, hatten wir uns etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Schon der Titel – Kloster Chorin – verriet, dass wir Landschaft und Architektur im Einklang vermitteln wollten und natürlich zeigen, wie Theodor Fontane die Gegend vorgefunden hat. Die Choriner Umgebung ist ja bekannt für ausgedehnte Wälder und glasklare Seen. Ein ideales Wandergebiet also, und wir konnten auf eine Menge Teilnehmer hoffen.

Soweit die Theorie.

Leider wurden wir schon im Vorfeld auf eine harte Probe gestellt. Die Bundesbahn baute an mehreren Stellen gleichzeitig und ließ den geplanten Regionalexpress erst ab Bernau fahren. Um dorthin zu gelangen, musste man eine geschlagene Stunde früher aufstehen, als ursprünglich vorgesehen. Eigentlich sollte das ja einem geübten Wanderer nicht schwer fallen, aber sehen wir weiter.

Stadtseekette Nettelgrabenbrücke Kloster Chorin Um 8:15 Uhr setzten sich sieben(!) Wanderfreunde am Bf. Britz in Bewegung – immerhin. Es ging gleich in den Wald und nach kurzer Zeit an der Lysimetrischen Forschungsstation vorbei, wo die Mitwanderer erfuhren, wie man den Wasserverbrauch von Bäumen ermittelt. Nach Durchqueren einer kleinen Senke erreichten wir den ersten See und wenig später die im Verlandungsprozess befindliche Stadtseekette. Leider durften wir danach die viel schönere Wegvariante an der Ragöser Mühle nicht begehen. Eine Anwohnerin meinte, dass wir uns bereits auf ihrem Privatgrundstück befänden. So blieb uns nur der (in der Streckenbeschreibung so zu lesende) Umweg über die nahe Chaussee. Nächstes Ziel war die Eckernbrücke am Nettelgraben. Nach 100 Jahren wurde sie durch ein Bauwerk des Bibers zerstört. Diese Tiere sind offenbar doch stärker als gedacht. Nach einer kleinen Pause am Rande des wieder aufgeforsteten Forstgartens erreichten wir das Kloster Chorin, vom Eindruck her fast so, wie es Fontane erlebte: „Empfehlenswerter aber ist es, in Neustadt bereits die Eisenbahn zu verlassen und in einem offenen Wagen, an Kapellen, Seen und Laubholz vorbei, über ein leicht gewelltes Terrain hin, den Rest des Weges zu machen. Dies Wellenterrain wird auch Ursache, daß Chorin, wenn es endlich vor unseren Blicken auftaucht, völlig wie eine Überraschung wirkt. Erst in dem Augenblicke, wo wir den letzten Höhenzug passiert haben, steigt der prächtige Bau, den die Hügelwand bis dahin deckte, aus der Erde auf und steht nun so frei, so bis zur Sohle sichtbar vor uns wie eine korkgeschnitzte Kirche auf einer Tischplatte. Es kommt dies der architektonischen Wirkung, wie gleich hier hervorgehoben werden mag, sehr zustatten, weniger der malerischen, die für eine Ruine meist wichtiger ist als jene. [Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Berlin: Aufbau-Verlag 1987, Bd. 1, S. 92 f.]“

Hier wollte ich eigentlich die Wanderer der 25-km-Strecke treffen, die eine Stunde später gestartet waren, allerdings am Bf. Chorin, von dem sie nur etwa 2 km bis zum Kloster laufen mussten. Doch hat der Disput an der Mühle wahrscheinlich etwas länger gedauert, jedenfalls war von Bernd weit und breit nichts zu sehen. Kam zu seinem Treffpunkt etwa keiner? Diese Frage ging mir natürlich sofort durch den Kopf. Die Antwort werden wir später erfahren.

Schöne Aussicht Wir liefen weiter um den Amtssee herum und hatten dann eine lange Strecke auf einem Fahrweg zurückzulegen, denn die verschlungenen Pfade des Totalreservats rings um das Plagefenn wollten wir ja nicht betreten. Im zügigen Tempo erreichten wir Brodowin. Immer noch keine eindeutige Spur von Bernds Gruppe, jedoch mehrten sich auf dem nunmehr sandigen Weg Fußspuren, die darauf deuteten, dass der Weg vor kurzem begangen wurde. Und richtig auf der Aussichtshöhe mit den Upmeierbänken, die wir zu unserem nächsten Pausenplatz erkoren hatten, war die fünfköpfige Gruppe gerade bereit, nach ihrer Pause wieder abzusteigen. Sie hatten es ja eilig, weil sie den letzten Bus in Liepe schaffen wollten. Aber auch wir wollten uns nicht allzu lange aufhalten, denn wir hatten ja noch einiges vor uns und mindestens einen Teilnehmer an jenem Bus abzuliefern.

Kloster Mariensee Also eilten wir den anderen hinterher. Bevor wir sie wiedertrafen, schauten wir uns die Reste des Klosters Mariensee an. Es war der Vorgängerbau von Chorin und schon zu Fontanes Zeiten nur so zu sehen, wie wir das heute können. Um die historische Anlage breitet sich jetzt ein Campingplatz aus und jeder Camper strengte sich an, seinen Aufenthalt dort so angenehm wie möglich zu machen. Da fielen wir Wanderer gar nicht auf.

Danach wanderten beide Gruppen gemeinsam. Am Ochsenpfuhl, der den Eindruck eines verwunschenen Bergsees machte, ging es vorbei in Richtung Kleiner Teller. Hier sollten wir den Revierförster der Gegend treffen. Kleiner TellerDoch der hat wohl nicht mit unserer Wandergeschwindigkeit gerechnet. So mussten wir am „Tellerrand“ zur Freude der Mücken länger pausieren als geplant war. Doch wir warteten gern, denn was uns der Förster von „seinem“ Wald erzählte, war hochinteressant. Gern hätten wir seinen Ausführungen noch länger gelauscht, aber nicht nur die Mücken plagten uns, sondern auch der Gedanke an die Abfahrt des letzten Busses.

Vom Kleinen Teller waren es noch gute 5 km bis zur Bushaltestelle und die kamen mit zwei kleinen Abkürzungen über eine „unbewohnte“ Weide einerseits und über den direkten Weg zur Hauptstraße andererseits daher. Auf dieser angekommen, sortierten sich die beiden Gruppen neu. Bernd übernahm die Heimfahrer, die dort 23 bzw. 29 km in den Beinen hatten – und der Rest ging erst einmal in den Landhof auf Kaffee und Bier.

NiederoderbruchFreienwalder LandgrabenSo erfrischt fielen uns die restlichen 9 km durch das Niederoderbruch nicht schwer. Noch eine letzte Pause am Freienwalder Landgraben und schon sahen wir die ersten Häuser von Falkenberg, dessen Bahnhof längst den Charme alter Zeiten verloren hat.

Die Wanderung verlief in guter Stimmung. Alle Teilnehmer freuten sich, bei schönstem Wetter durch solch eine interessante Landschaft gewandert zu sein. Was macht es da aus, dass die Rückfahrt auch noch einmal recht lange dauerte. Schade, dass nicht mehr Berliner dabei waren.

Egon Poppe


Auch von der 25-km-Strecke gibt es etwas zu berichten

Die Wandergruppe, die die 24 km bis Liepe gehen wollte, traf sich in Bernau und fuhr dann weiter nach Chorin. Der Zug war pünktlich, leider war die Anreise nach Bernau aufwendig, da bis Bernau die RE 3 nicht planmäßig fuhr. Nach einigen Bemerkungen zu Chorin, dem Kloster und zur Wanderung machten sich 5 Wanderer um 09:30 Uhr auf den Weg. Das Wetter war optimal, am Nachmittag wurden es maximal 20 Grad und die Sonne schien den ganzen Tag. Der erste Höhepunkt war der Nettelgraben, ursprünglich zur Sicherstellung des Mühlenbetriebes am Ragöser Fließ und zur Entwässserung des Plagefenns durch die Mönche angelegt. Der Wasserstand war überraschend hoch, wir hörten sogar das Wasser rauschen. Einen kurzen Stopp legten wir am Forstgarten ein, da stehen einige Schilder zu Bäumen, die es nicht mehr gibt. Kurz darauf erreichten wir das Kloster.

Dort wurden einige Fotos gemacht und weitere Infos zum Kloster gegeben, dann ging es zum Amtssee. Diesen umrundeten wir bis zur Badestelle, unterwegs gab es die ersten Biberspuren. Die Stege über den Nettelgraben sind schon leicht bedenklich, es fehlten einige Bohlen. Nach Überquerung der Ortsverbindungsstraße ging es auf dem Amtsweg nach Osten. Oberhalb des Großen Plagesees (Teil des ältesten Naturschutzgebietes in Brandenburg - Totalreservat!) machten wir an einer großen freien Fläche eine erste Rast. Hier wurden die Mücken erstmals lästig - das blieb auch weiter so, zumindest wenn es durch den Wald ging.

Rast auf der HöheUnser nächstes Ziel war der Pehlitzer Werder. Vorher ging es durch teilweise offenes Gelände. Kurz nach Brodowin war ein Pirol zu hören und die ersten Libellen flogen um uns herum. Da wir gut in der Zeit lagen, gingen wir noch auf einen Hügel neben der Strecke, der ein schönes Panorama bot. Wenige Minuten später erreichten auch die Wanderer der anderen Gruppe die Kuppe. Nach einer Begrüßung und einem kurzen Austausch machten wir uns erneut auf den Weg, da wir auf dem Werder etwas länger Pause machen wollten. Ein Wanderin hatte unterwegs gefragt, ob man denn dort überall zu sehende Feldsteine mitnehmen könnte - im Prinzip ja. Später bot sich noch sehr häufig die Möglichkeit diverse Steine unterschiedlichster Größe auszuwählen. Leider hatten wir keinen Tieflader dabei.

BlindschleicheKurz nach 12 Uhr hatten wir den Werder erreicht und es gab das Versprechen einen sehr schönen Rastplatz nutzen zu können, wenn er denn frei wäre. Obwohl schon sehr viele Camper das Wetter genutzt und ihre Plätze für das laufende Jahr belegt hatten, war der Platz an der Nordspitze des Halbinsel frei. Dort hat man eine sehr schöne Sicht auf den Parsteiner See, es gibt einen großen soliden Tisch und entspre­chende Bänke, nebst einer kleinen Badestelle. Wir baten einen Camper um einige Fotos, leider habe ich erst zu Hause bemerkt, das da was nicht geklappt hat. Beim Verlassen der Halbinsel trafen sich beide Gruppen erneut und so ging es gemeinsam weiter. Ab dort die nächsten Kilometer durch einen sehr schönen Buchenwald mit einer größeren Pflanzung mit Riesen­lebensbäumen. Auf dem Waldweg trafen wir eine Blindschleiche, da gibt es einen fotografischen Beleg. Nur wurden die Mücken immer lästiger, auch bei unserer nächsten Rast am Kleinen Teller. Egon hatte noch einen Überraschungsgast in der Hinterhand, es dauerte einen Moment und der dortige Revierförster taucht mit Auto und Hund auf. Er gab uns viele Infos zum Wald im Allgemeinen und zum hiesigen Forst im Besonderen.Wasserbüffel? Nochmals Dank dafür! Wir mussten den letzten Bus (16:10 Uhr) in Liepe erreichen, also brachen wir dann zügig auf und verließen bald darauf den Wald in der Nähe des Lieper Vorwerks am Fliederberg. Nun wieder offenes Gelände neben blühenden Rapsfelder und vielen Obstbäumen.

Westlich des Weges weidete eine große Herde brauner Kühe nebst Kälbern, die meisten standen in einem Wasserloch und schienen das sehr gut zu finden. Immer bergab erreichten wir Liepe rechtzeitig, die Gruppen verteilten sich nach Plan oder Befindlichkeit, die einen zum Eis essen und weiter wandern, die anderen zur Bushaltestelle. Der Bus und nachfolgend der Zug bis Bernau waren pünktlich, wir haben uns dort getrennt und sind alle gut angekommen. Es war eine schöne Wanderung!

Bernd Neuschulz